Topologie der Gesellschaft als Supermarkt, Teil I. Das Spektakel um Myawaddy, Teil I.


„Die Spezialisierung der Bilder der Welt findet sich vollendet in der autonom gewordenen Bildwelt wieder, in der sich das Verlogene selbst belogen hat. Das Spektakel überhaupt ist als konkrete Verkehrung des Lebens, die eigenständige Bewegung des Unlebendigen.“
(Guy Debord: Die Gesellschaft des Spektakels)

„Eine Waare scheint auf den ersten Blick ein selbstverständliches, triviales Ding. Ihre Analyse ergiebt, dass sie ein sehr vertracktes Ding ist, voll metaphysischer Spitzfindigkeit und theologischer Mucken.“
(Karl Marx: Das Kapital)

„Nur in dieser Schärfe der Konfrontation wird es r e a l
(Zur Aktion gegen die Rhein-Main-Air-Base und die Erschießung von Edward Pimental)

Reuters: 18/04/24

Wir leben in einem Zeitalter der Überinformation, der „Simulation“ (Baudrillard), des „Spektakels“1 (Debord) oder, je nach Gusto, der „Kulturindustrie“ (Horkheimer/Adorno) oder „Informationsbombe“ (Virilio).
Doch erleben wir auch einen neuen Strukturwandel der Öffentlichkeit, in dem die Diskurse in den sozialen Medien von Staat & Kapital kontrolliert2 werden. Insbesondere das amerikanische Militär hatte seit jeher ein Interesse an „information control“ und dirigiert zusammen mit den Briten die Debatten.
So soll von Anfang April bis zum 24. um Myawaddy gekämpft worden sein. In den Außenbezirken, in Myawaddy selbst, ja, es sollen sogar 200 burmesische Soldaten unter die Thai-Myanmar Friendship Bridge geflohen sein. Unter die Friendship Bridge 2 für Lastkraftfahrzeuge. Die wichtigste Handelsstadt der Karen und eine der wichtigsten Myanmars überhaupt sei gefallen. Nebst der KNLA, KNDO (beide KNU), der Kawthoolei Army (angeblich nicht mehr KNU) und einigen verbündeten PDFs soll nun auch die ältere buddhistische Abspaltung der christlich dominierten Karen National Union, die Border Guard Force (BGF) der Karen (Ex-DKBA), zum Widerstand übergelaufen sein. Naja, nicht wirklich. Zumindest einigen Berichten zufolge sollte sie sich kurzzeitig Karen National Army genannt haben und weitesgehend neutral geblieben sein, um ihre Geschäfte ungestört betreiben zu können. Schreibt man. Ein Japaner im Loot Lay Cafe war auch schon ganz außer sich vor Aufregung. Es gäbe eine neue Gruppe, die sich Karen National Army nennen würde. Indes hat Saw Chit Thu beschlossen die Karen National Army wieder als Border Guard Force (BGF) umzulabeln. So als wäre nichts geschehen.
Und tatsächlich:
Es geschah auch nichts.
Wir schreiben heute den 8. Mai und es hat sich seit mehr als zwei Wochen absolut nichts getan, obwohl noch großspurig verkündet wurde, dass mit Operationen in Myawaddy in nächster Zeit zu rechnen sei. Große Teile meiner ursprünglichen Version vom 23. April wurden schlichtweg übernommen.
Und trotz alledem war ein gewisser Guerilla Triumphialismus unüberhörbar.
Alle einschlägigen englischsprachigen Regionalzeitschriften schrieben über den Fall von Myawaddy. Die europäische Presse griff das Thema auf. Die Informationen strömten durch den Äther und wenn der Volksempfänger heute „Heil Hitler“ sendet, schreit morgen die halbe Welt „Heil Hitler“ (Vgl. Kulturindustrie: Aufklärung als Massenbetrug).

Myawaddy sei gefallen. Schrieb man.
„Wer angesichts der Macht der Monotonie noch zweifelt, ist ein Narr.“ (Adorno/Horkheimer: Kulturindustrie – Aufklärung als Massenbetrug)
Aber was passierte tatsächlich?
Erlebte ich, der ab und an das Donnern von Fluggeräuschen vernahm, den Fall Myawaddys, oder wurde die Wirklichkeit vom Spektakel überschwemmt?
Der Wikipedia-Artikel lautet: Siege of Myawaddy.
Das erinnert an die Siege of Marawi, als sich die Maute-Gruppe zusammen mit Abu Sayyaf eine sechsmonatige Schlacht mit den von den USA unterstützen philippinischen Truppen lieferten.
In Myawaddy hingegen trieb man ein stellenweise überdehntes und in den Grenzregionen auf Hilfsmilizen und Border Guard Forces angewiesenes Militär kurzzeitig in die Enge.
Die sechste Brigade der KNLA schnitt dem burmesischen Militär die Zufahrtswege in Kawkareik ab und konnte durch irgendwelche Hinterzimmerverhandlungen, von denen man in keiner Analyse genaueres erfährt, kurzzeitig in Myawaddy selbst die Oberhand gewinnen, doch übergab man die Kontrolle direkt an die mit dem Militär verbündeten Gruppierungen, wie die KNA/BGF, das KNU Peace Council und die ehemalige fünfte Brigade der DKBA.
Das war der sogenannte Fall oder die Siege of Myawaddy.
Wenige Tage später gewann die Junta wieder die Oberhand und die burmesische Flagge wehte wieder an den gewohnten Stellen der Stadt, während sich die ‚Operation Aung Zay Ya‘, das wirkliche Event, im Dawna Gebirge abspielte (Stand: 26.05.2024)3.
Doch ist es wie mit dem Mann, der anderthalb Stunden lang zögert, vom Dach eines Gebäudes zu stürzen, bevor die Menge enttäusch von dannen zieht. Der imaginäre Kredit ist erschöpft, wir wissen, sie werden Myawaddy nicht einnehmen, und es ist auch völlig egal, da das reale Ereignis, der Medienstunt (oder Pass?), bereits gelaufen ist.
Brecht: „Das Bier ist kein Bier, was dadurch ausgeglichen wird, dass die Zigarren keine Zigarren sind, aber der Paß muß ein Paß sein, damit sie einen in das Land hereinlassen.“
In ähnlicher Weise wie Baudrillards Golfkrieg kein Krieg war, ist auch der sogenannte Bürgerkrieg in Myanmar weder Bürgerkrieg noch Krieg, aber das wird auch in dieser Konstellation dadurch kompensiert, dass auch diese Informationen keine Informationen sind. Somit ist, wie immer, alles in Ordnung. Wäre dieser Stellvertreterkrieg ein neues Syrien und die Bilder echte Bilder gewesen, dann gäbe es, worauf Baudrillard nicht explizit verweist, ebenso ein Problem, so wie es ein Problem gäbe, wenn dieser Krieg kein Krieg gewesen wäre und die Bilder echte Bilder gewesen wären, oder wie ein echter Stellvertreterkrieg in Myanmar die Frage aufwerfen würde, wieso er keine echten Bilder erzeugte, doch die Nicht-Information erscheint auch hier gerade darum nicht als Skandal, eben weil kein Krieg, ob nun Bürger- oder Stellvertreterkrieg, stattfand (Vgl. Baudrillard).
Maßgeblich ist vor allem die durch den Supermarkt bedingte kontemplative Haltung zur Nicht-Information.
Doch wie kann es sein, dass ein echter Fall von Myawaddy keine echten Bilder erzeugte?
Wie kann es sein, dass Saw Chit Thu immer noch operiert als wäre nichts geschehen?
Wobei das alles stimmig wird, wenn wir annehmen, dass der Fall von Myawaddy nicht stattfand und Saw Chit Thu anschließend dabei half burmesische Truppen von hinten in den Rücken der KNLA-Truppen im Dschungel der Dawna-Berge zu senden. Die Tatsache, dass die KNLA Myawaddy nie kontrollierten, wird dadurch kompensiert, dass die Burmesen die Stadt nie eroberten:

„Am gewünschten Ort (Fernsehen, Information) fand nichts statt, keine Bilder, nichts als Füllmaterial. Auch in unseren Köpfen fand nicht viel statt, und auch das ist in Ordnung. Die Tatsache, dass an diesem oder jenem gewünschten Ort nichts war, wurde harmonisch dadurch ausgeglichen, dass auch anderswo nichts war.“
(Baudrillard)
Von vorne bis hinten war die sogenannte Siege of Myawaddy eines:
Ein Medienstunt diverser Gangs, die sich den in Myawaddy erwirtschafteten Profit unter den Nagel reißen und gemeinsam aufteilen.
Der sogenannte Bürgerkrieg (eher Stellvertreterkrieg) Myanmars wird eher hoch- als heruntergeschrieben. Myanmar wird sanktioniert, Thailand nimmt einige hundert Flüchtlinge auf, die man ohnehin als billige Erntehelfer und Tagelöhner nötig hat, und es fließen Gelder.
Shoring up war support (Vgl. Wikileaks).
„The media promote the war, the war promotes the media, and advertising competes with the war. Promotion is the most thick-skinned parasite in our culture.“ (Baudrillard)
Wichtig ist nicht, ob der Fall Myawaddys tatsächlich stattfand, sondern dass darüber geschrieben wird, dass er stattfand:
„La carte est plus importante que le territoire“ (Houellebecq)
In dem achtstündigen Video, welches Firstpost am 12. April unter der Brücke streamte, wirkten die acht thailändischen Soldaten, die in oder neben den zwei mit MG bestückten gepanzerten Fahrzeugen standen, wenigstens noch konzentriert.

Als Polemikos.org am 17.,18., & 19. April vor Ort war – also nachdem ich den einzigen Krieg, der um oder in Mae Sot & Myawaddy stattfand, im Hotel verbrachte: Songkran -, spielten sie alle nur noch mit ihren Smartphones.
Unter der Brücke tat sich, wie im Stream, wenig:

Friendship Bridge 1
Friendship Bridge 1

Ja, im Prinzip sah alles so aus wie im Frühsommer 2023, als ich schon einmal in Mae Sot war. Nur die leicht erhöhte Präsenz der Thais lässt erahnen, dass irgendetwas in den Außenbezirken von Myawaddys Township vor sich geht.
Der Verkehr floß, wenn auch verlangsamt. Zu jeder Tageszeit und sowohl an der Füßgänger- bzw- Personenbrücke als auch am Gütergrenzübergang4.
Eine Flüchtlingskrise sieht, wie wir Deutschen wissen, anders aus:

Friendship Bridge 1
Friendship Bridge 2

Denn unter der Brücke, da tat sich wenig, und Firstpost streamte acht Stunden, was man so in etwa auch vor einem Jahr hätte beobachten können.
Dieser aufgrund seiner klinische Neutralität jedoch wichtige Beitrag zu den Vorkomnissen, steht in starkem Kontrast zu der kulturindustriellen Verarbeitung des Geschehens. Wie immer fand eine Standardisierung durch die immergleichen Experten statt, die sowohl in den Regionalzeitschriften, den Think Tanks als auch den großen europäischen Zeitungen publizieren. Sogleich wurde durch Überinformation das wesentliche Ereignis nicht verzerrt, sondern völlig zerstört. Aus dem Abschneiden einer Lebensader Myawaddys in Kawkareik wurde der Fall Myawaddys simuliert.
Am 20. April hörte man Bomben auf Myawaddy regnen. Hunderte, nein: tausende Flüchtlinge sollen im Süden Mae Sots über den Moei geflüchtet sein. Auf Twitter-Videos ließen sich evtl. 40-50 zählen5. Die Frau am Nachbartisch des Borderline Cafés berichtete, was sie auf CNN so über die Fluggeräusche hörte. CNN. Es handelte sich um eine Gruppe Amerikaner. Das Spektakel und die Wirklichkeit sind ineinander.
Man sollte meinen, dass nach einer Bombenkampagne aus der Luft viele Flüchtlinge über die Mae Sot-Myawaddy Friendship Bridge flüchteten, doch am 21. April sah man dort nur noch ein gepanzertes Fahrzeug der Thais: also eine leicht verminderte Präsenz. Und auch der Verkehr ließ keine größeren Fluchtbewegungen erkennen. Ja, überhaupt tat sich jedes Mal exakt das gleiche Bild auf.
Nur der einzig wirklich englischsprachige Zigarettenverkäufer unter der Brücke, der im Jahr 2023 zumindest bestätigte, dass Chinesen in Shwe Kokko Waffen tragen würden, war dieses Jahr nicht mehr wirklich gesprächig. Man könnte also sagen, nicht einmal die Zigarettenverkäufer halten es für relevant sich zum Zweck des Verkaufs ihrer Ware mit dir über Myanmar zu unterhalten:

Kurz bevor die Junta wieder Kontrolle über die Stadt erlangte, traf ich einen „sagen wir mal: ich sei Burma Consultant“. Er konnte oder wollte mir keine genauen Angaben über die aktuelle Situation geben, sondern meinte lediglich, es würde auch in der Stadt selbst gekämpft, nicht bloß in den Außenbezirken, und die Situation sei aufgrund der vielen Gruppierungen ziemlich „messy“.
Seine Quellen wüssten noch nicht genau, was wo geschehe, aber die 4.000 Flüchtlinge seien irgendwo auf einem Feld – einem Schafsfeld? – zwischen der Friendship Bridge und dem Gütergrenzübergang gestrandet und würden binnen 24 Stunden von den Thais gen Burma gedrängt werden. Auf Twitter hieß es noch, sie seien südlich von Myawaddy angekommen. Wahrscheinlich ist mal wieder beides wahr. Ein Burmese mit Antifa-Tattoo, der wohl auch einigen FAZ-Pressekötern als Quelle dient und ab und an für den Burma Consultant in Bangladesch spioniert, meinte, die Flüchtlinge seien „unter der Friendship Bridge 2 nach dem U-Turn links“.

Flüchtlinge südlich von Myawaddy am Rande des Moeis – nicht nördlich

Wie dem auch sei6:
Wer an dem Star Complex (zwischen Friendship Bridge 1 & 2, Bild am Ende des Artikels) vorbeifährt, sieht relativ schnell ein alterndes Duty Free Building und einige Thai Soldaten vor einem „Do Not Photograph“ Schild. Unten werden Waren aus einem Cosco Container verladen, die ein LKW von thailändischer Seite aus anfuhr.

2024
2023

„Welcome to Karen Sate“ heißt es auf der anderen Seite. Nicht Kawthoolei wie gegenüber der Mae Sam Laep Security Area westlich von Mae Sariang, wo die KNLA einige Basen eroberte. In Mae Sot regiert auf der anderen Seite des Moei die BGF oder KNA. Wer etwas weiter in den Norden fährt, sieht den Zoll für die Friendship Bridge 2, den der Cosco-Container vermied, jedoch weder Flüchtlinge noch größere Kampfhandlungen. Denn: „unter der Friendship Bridge 2 nach dem U-Turn links“ warteten Thai-Soldaten mit automatischen Maschinengewehren im Campingstuhl. Die Macht der Gewehrläufe zählte auch in dieser Recherchesituation wieder mehr als die baudrillardsche Macht des Bildes7:
Es sind die Gewehre, die die Hyperrealität ermöglichen, und nicht pimär die Abstraktionen.

Bäume und Schussgeräusche konnten am Morgen des 20. Aprils (auf die Gefahr hin einen Querschläger abzubekommen) unter der 2. Friendship Bridge gefilmt werden

CNA ließ es sich trotz der faktischen Situation vor Ort, man hörte die Gräser wachsen, am 22. April nicht nehmen einen völlig überzeichneten (gleichwohl leider typischen) Beitrag über die Kampfhandlungen nahe der Friendship Bridges und der angeblichen Flüchtlingswellen zu senden:

May Wong hätte theatralischer nicht sein können, doch gaben die Hintergrundbilder an der Grenze unter der Brücke die geschauspielerten Emotionen nicht her. Sie sah Rauch aufsteigen. Die Situation sei angespannt. Die Thais mit gepanzerte Fahrzeugen incl. MG vor Ort. Nüchterner fällt eine Analyse der Aufnahmen der tatsächlichen Kampfeshandlungen aus:

Viel Rauch um nichts. Eine Drone der Thais klärt Myawaddy aus der Luft auf, in der Nacht waren Schüsse aus der Grenzstadt zu hören, tags zuvor flüchteten Dutzende, nicht Tausende, vor den Kampfhandlungen über den Moei.
Und selbst das ist ein Trompe-l’œil. Ein paar wackelige Handybilder, die extra zusammengesucht wurden, um die Kämpfe in Myawaddy zu untermalen. Heutzutage könnten sie auch durch AI-produziert worden sein, ohne dass noch die NSA dies identifizieren könnte:
„Die früheren Unterscheidungen zwischen Film, Clip, Nachrichtensendung, Werbung, Augenzeugenbericht und Reportage verschwanden tendenziell zugunsten eines verallgemeinerten Spektakels.“
(Michel Houellebecq: Die Welt als Supermarkt)
Der Pop-Antifa Burmese zeigte mir Bilder des KNU-PC, doch als ich ihn fragte, ob er jene selbst aufnahm, sagte er lediglich: „Teilweise“.
Wie viele der Bilder und Videos auf seinem Handy sind indes AI-generiert?
Wie viele „Augenzeugenberichte“ Frontier Myanmar entnommen?
Die Zahlen fluktuieren wie der Bitcoin-Kurs im Längsschnitt:
„The military dictatorship controls less than 50% of Myanmar“
„Myanmar resistance claims it holds 60% of territory“

Mal kontrolliert „der Widerstand“ 60, 59 bzw. 50 Prozent des Gebiets. Mehr oder minder (109%?) komplementär oszilliert das burmesisch kontrollierte Territorium zwischen 40-50%, doch ein Blick auf die Karte zeigt:
Die Burmesen kontrollieren die großen Städte und der sogenannte Widerstand, der sich allein im Falle der Chin-Kuki-Mizo, für sich bereits eine hyperreale8 Kategorie, in dutzende Gruppen und BGFs aufspaltet, lediglich irgendwelche Dschungeldörfer.
Die Frage ist folglich nicht: #WhatshappeninginMyanmar, wie in den sozialen Medien.
Sondern:
Whats really happening in Myanmar?
The Hyper-Real.
Die Hyperrealität eines Bürgerkrieges, eine Siege of Myawaddy, die nicht stattfand, ein Informationskrieg, ein leicht schwelender Guerilla Stellvertreterkrieg.
Und so findet sich vor der Myanmar Yatai Shwe Kokko Special Economic Zone, der von einigen Think Tanks und sogenannten „Organisationen der Zivilgesellschaft“9 Verbindungen zu Triaden nachgesagt wird, „Disneyland“ (Baudrillard) oder China View:

China View Aussichtsplattform
China View Café
China View Info
China View Panorama
Das reale China View Panorama
Unter besonderer Berücksichtigung der Dialektik zwischen Imaginärem & Realem. Denn es befinden sich zwei chinesische Mauern in China View: eine ist an die Wand gemalt, eine steht tatsächlich dort: en miniature.
China View: direkt gegenüber liegt die Myanmar Yatai Shwe Kokko Special Economic Zone

Das Spektakel um Myawaddy, Teil 2 – CIA View

“The Buddha is just like that leader who conjured a great apparitional city to let the people rest. Knowing that they were rested, he addressed them, saying: “The treasure site is near. This city is not real. It is only my invention.”
(Lotus Sutra)

„The victorious ones have said That emptiness is the relinquishing of all views. For whomever emptiness is a view, That one will accomplish nothing“
(Nāgārjuna: Mūlamadhyamakakārikā)


„La carte est plus importante que le territoire“ (Houellebecq)
Die Karte ist das Gebiet: China View ist realer als Shwe Kokko. China View wird als Imaginäres hingestellt, um den Anschein zu erwecken, alles Übrige sei real, während ganz Shwe Kokko, das es umgibt, bereits nicht mehr real ist, sondern zur Ordnung des Hyperrealen und der Simulation gehört (Vgl. Baudrillard & Disneyland).
China View ist ein China in Miniaturform, worauf schon der Abklatsch der großen, chinesischen Mauer verweist, die auch noch an die Wand gemalt wurde. So entwickelt sich eine komplexe Dialektik aus Realem und Imaginärem, die eigentlich gar keine mehr ist10:
Man kann einen realen Americano genießen und hat besten Ausblick auf die hyperreale United Front von Chinese Communist Party & Triaden, wie die chinesische Mafia genannt wird.
Die Aussicht macht angeblich China Views Erfolg aus. Doch zweifellos werden die Massen eher von diesem sozialen Miko-Kosmos, vom religiößen Genuß des realen Chinas in Miniaturform und vom perfekten Szenario ihrer eigenen Ängste und Projektionen angezogen. Man parkt auf der anderen Seite des Flußes: drüben wird man abgeschoben. Überall in China View, bis hin zur Verzierung der großen Mauer, zeichnet sich also das objektive Profil Chinas ab. Alle Werte sind – durch die chinesische Mauer, einbalsamiert und friedlich verpackt. Ein digest der Geopolitik, kurz: Idealisierte Übertragung einer widersprüchlichen Realität. Das trifft ganz sicher zu, verbirgt jedoch etwas anderes. Das „ideologische“ Raster dient nur dazu, eine Simulation dritter Ordnung zuzudecken: China View existiert, umd das „reale“ Land, das „reale“ China, das selbst ein China View ist, zu kaschieren. Es geht nicht mehr um die falsche Repräsentation von Realität (Ideologie11), sondern mehr das Reale ist, um auf diese Weise das Realitätsprinzip zu retten. Das Imaginäre von China View ist weder wahr noch falsch, es ist eine Dissuasionsmaschine, eine Inzenierung zur Wiederbelebung der Fiktion des Realen. China View ist in diesem Sinne wie Dineyland ein imaginäres Zentrum, welches Shwe Kokko mit der Energie des Realen versorgt:
ein imaginärer Effekt verbirgt, dass es außerhalb des künstlichen Umkreises nicht mehr Realität als in seinem Inneren gibt. Formen des Realen und Referentiale werden inijiziert, um die Abkehr des Realen zu verhindern (Vgl. Baudrillard & Disneyland
12).

Ein realer Americano

Besonders pikant:
Der Barrista bzw. Besitzer von China View gab an lediglich ein bisschen Land besessen und wie ich die Bauarbeiten bemerkt und Berichte gelesen zu haben. Der Vater seiner Frau kam mit der Idee ein kleines Cafe und Hotel an diesem somit banal (da touristisch, sicher & eindimensional) gewordenen Ort zu eröffnen und es, ob des gesteigerten „öffentlichen“ Interesses & der guten Aussicht, China View zu nennen. So könne er mehr Zeit mit seinem Sohn verbringen. Das Geschäft laufe gut. Viele Leute kämen gerade Abends, um einen Blick auf den dann in vielen Farben blinkenden hyperkapitalistischen Tempel zu werfen. Jener lässt sich objektiv nur als Blockade westlichen Einflusses beschreiben, da er Prosperität in Rebellengebiete bringt. Folglich als eine chinesische Mauer – La Grande Muraille.
Man könnte also sagen:
Usip13 baute China View. Usip ist China View.
Zu Beginn hieß es noch, das Projekt sei Teil der BRI, doch schnell kamen Berichte über Casino, Online-Glücksspiel und Internetscam-Geschäftchen hinzu. Hierbei ist anzumerken, dass Glücksspiel & Internetbetrügereien stets in einem Atemzug genannt werden: so als seien sie ein und dasselbe. Alles vermischt sich, alles wird relativ und plötzlich sitzen die Triaden überall. In situ.

China View, Night Edition

Klar14:
Glücksspiel ist in China und vielen Ländern Südostasiens verboten, doch generell von anderer krimineller Qualität als professionell bzw. „industriell“ organisierte Abzocke & Prellerei via bspw. Tinder, wobei die Täter u.a. empfehlen, große Mengen Geld in irgendeine doppelt wertlose Kryptowährung, sogenannte Shitcoins, zu investieren, anstatt um Geld zu spielen.
Wir haben es also mit Apartmentblöcken, in denen unter anderem (alles vermischt sich, alles wird relativ) Gauner wohnen, Kasinos, Online-Glücksspiel und Internetbetrügereien zu tun, wobei letztere natürlich zusammen in einem IT-Bürokomplex angesiedelt sein könnten, jedoch muss dies auch nicht zwingend der Fall sein, was der Manipulation des Narrativs Tür & Tor öffnet.
Jeder kann sein Glück in Shwe Kokko machen, „his fortune“, sei er nun aus Malaysia, Deutschland oder Indien. Er muss lediglich eine Geschäftsfläche mieten oder als IT-Experte anheuern, und jene sind heiß begehrt:
„[A]us politischen Gründen ist das okay
Deine Oma hat sicher damals Hitler gewählt
“ (Anti Alles Aktion – Enkeltrick)
Die „Fanghunde der öffentlichen Meinung“ (K. Kraus) beschreiben diese Prozesse so wie die kulturindustriellen Verfilmungen der Lebensgeschichten irgendwelcher südamerikanischer Kokain-Pusher es nicht besser könnten. Nicht einmal die Cohen-Brüder. So sollen indes, wie um Drogen, um IT-Experten, die sogar versklavt werden sollen, Gangkämpfe geführt werden. Trickbetrug-Telefonisten werden geschlagen oder in die Prostitution gezwungen, falls sie entsprechende Quoten nicht erfüllen. Manch einer wird scheinbar Opfer des florierenden Organhandels, den alle Gangs, von Kokang-BGF & Wei Rong bis Kambodscha, betreiben sollen. Diese Schauergeschichtchen sind Netflix-Material. Nicht mehr und nicht weniger:
„Inside Organ Trade: IT-Cyber-Slaves, starting 1. April 2025, only on Amazon Prime“.
In China wurde bereits ein Blockbuster über die Internetkriminalität Burmas gedreht. Zur Abschreckung. Titel: „No more bets“. Dies erinnert nicht umsonst an eine altersbeschränkte Werbung des Sportwettenunternehmens my bet. Die diversen Schemen der Kulturindustrie wiederholen sich in ihren entsprechenden Sektoren unter veränderten gesellschaftlichen Bedingungen. Kohärenterweise ist der Three-Finger-Salute der Demokratiebewegung Myanmars dem Kinofilm „Hunger Games“ entlehnt:
„The war became film, the film becomes war, the two are joined by their common hemorrhage into technology.“ (Baudrillard)
In Mae Sot selbst hört man eher, dass der ein oder andere flüchtige/kriminelle Chinese sich für 10.000 Bath begierig nach Myawaddy schmuggeln lässt, um vor Ort Arbeit zu finden und sein erbeutetes Geld in einer der vielen überteurten Bars oder den Puffs Shwe Kokkos auszugeben: wahrlich ein Finanzkreislauf. Es sind gerade solche zwanghaft zerstreuten Charaktere, die die my bets Werbung ansprechen möchte.

Die Schleuserroute nach Myawaddy: 800 Bath für Burmesen, 10.000 Bath für Ausländer

China View ist realer als China. Der Fakt, dass die chinesische Botschaft sich von dem Projekt distanzierte und einer der chinesischen Hintermänner, She Zhijiang, nun verhaftet wurde und an China ausgeliefert werden soll, ändert an diesem Umstand auch nur noch wenig.
In vielen asiatischen Ländern existieren IT-Bürokomplexe, die von diversen Triadengruppierungen für sogenannte Pig-Butchering-Scams genutzt werden:
Sei es nun auf den Philippinen, in Kambodscha, Vietnam, Malaysia, Thailand oder Myanmar.
Die Anomie des seit Jahrzehnten schwelenden Stellvertreterkrieges ermöglichte es diversen transnationalen Gangs insbesondere im Shan-Staat Fuß zu fassen, doch gerade dieser Umstand wurde von Usip, der Crisis Group, Jason Tower & Co. medial dermaßen ausgeschlachtet, dass sie einen Keil zwischen China, Kokang-BGF & Tatmadaw treiben konnten. Die MNDAA eroberte die Hauptstadt des an China grenzenden Kokang-Staates und die großen Familien und einige Wa-Offizielle wurden verhaftet. Operation 1028. Die Karenni versuchten auf den Zug aufzuspringen, scheiterten mit iher Operation 1111 Loikaw einzunehmen: Prayers, doch ging es bloß darum das medial hochgejazzte Momentum zu nutzen:
Die BGF-Familien, die den gegenwärtigen Führer Myanmars groß machte, wurde unter dem wachsamen Auge Chinas verhaftet. Die Karenni, traditionell ein Proxy der USA, schließen sich nicht nur begrifflich an:
Bam!
Antichinesische Demonstrationen in Yangon.
Es half nichts. Peng Deren übernahm den Platz, den sein Vater zuvor verlor, und die Spaltertruppe wurde verjagt, in den Rängen der UWSP fand eine Umsortierung statt, nur Pengs Schwager, der Anführer der NDAA-ESS oder Mongla-Army, blieb im Shan-Staat an der Grenze zu China von einer Verhaftungswelle verschont.
Und die Amerikaner?
Die dirigierten nicht nur die Operation 1111, sondern verwiesen auf die Migrationswelle der Triaden:
Seien sie zuvor von den Philippinen nach Kambodscha und von Kambodscha nach Shan-Staat geflohen, migrieren sie nun nach Shwe Kokko und in die vielen Projekte südlich von Myawaddy.
Nach China View. Die Karte ist das Gebiet. Das Gebiet ist durch die Kommunikationsstrategien der amerikanischen und britischen Nachrichtendienste bereits dermaßen vorgezeichnet, dass es eigentlich keine Rolle mehr spielt, was man sieht.
Auf der anderen Seite stellt Saw Chit Thus Border Guard Force die Sicherheit. Ein amerikanischer Rentner aus dem sogenannten „security establishment“ echauffierte sich bereits letztes Jahr:
„Die Karen sind Looser!“
Sie ließen sich über einer geplanten Pagoda auf einem Hügel spalten und verloren den Großteil ihrer Macht.
Die meisten BGF-Truppen in Myawaddy sind Angehörige der ehemaligen DKBA, also Buddhisten. Die Führung der KNU ist christlich dominiert, was vor knapp 30 Jahren zur Sezession führte.
Saw Chit Thu ist sicherlich, nebst Mote Thun, einer der mächtigste Karen, doch auch innerhalb der KNU gibt es diverse Brigaden und Fraktionen, die sich irgendwie finanzieren müssen.
So gibt es beispielsweise eine familiäre Verbindung zwischen dem KNU Peace Council und der Kawthoolei Army (KTLA). Tele Mya, der unlängst an Covid in Mae Sot verstorbene Anführer des KNU PC, war der Bruder von Nerdah Boh Mya, der die KNDO, nebst der KNLA einer der bewaffneten Arme der KNU, anführte und über einem Massaker an 28 möglicherweise spionierenden Zivilisten ausgeschlossen wurde und anschließend die KTLA gründete, die natürlich trotz alledem mit der KNLA kooperiert. Bspw. als sie bereits letztes Jahr als Rache für die Auslieferung von Rebellen aus Mae Sot versuchten Shwe Kokko anzugreifen und beim Wegrennen ihre Gewehre fallen ließen.
Die Spaltung selbst ist hyperreal.
Ihr Vater, Bo Mya, war ein antikommunistischer Anführer, der für die Ermordung einiger linker Karen verantwortlich war. Der von der Presse als Opium-König titulierte Khun Sa verwies in einem Interview ein paar Jahre vor seinem Fall lediglich kryptisch auf Bo Myas zwielichtige Geschäfte.
Während man vor den Friendship Bridges 1 & 2 in Mae Sot nicht viel sah, verloren auf der anderen Seite einige plötzliche Karriere und Leben. So beging der 60-jährige General der KNU PC, Saw El Khu, der sich bei dem Spektakel um Myawaddy kooperativ zeigte, plötzlich suizid und zwei Commander, die bei Kämpfen um China View beteiligt waren, Saw Kyaw Ka Raw & Saw Lat Kai, wurden entlassen.
Diese „Incidents“ & Familienbeziehungen lassen sich mit Baudrillard nur noch als „Symptome“ (Baudrillard) lesen, gleich wie ein Psychoanalytiker das Unbewusste deutet.
Doch nicht nur die KTLA, bzw. weiland noch KNDO, war mit dem KNU PC familiär verbunden. Auch Brigade 7 der KNLA kooperiert hier und da mit dem KNU PC & der eierlegenden Wollmilchsau Saw Chit Thu. So sollen sie beim Angriff auf Shwe Kokko 2023 Kämpfern anderer Brigaden zugunsten der BGF den Weg abgeschnitten haben, da sie nicht im Vorfeld über den Angriff, der in ihrem Gebiet stattfand, informiert wurden. Die siebte Brigade profitiert finanziell von den Zonen nördlich von Myawaddy.
Gekämpft wird vor allem in den Gebieten der fünften Brigade. Die sechste Brigade leitete zwar den Angriff auf Myawaddy im Jahre 2024, doch in ihrem Gebiet südlich von Myawaddy liegen (unter anderem) der KK Park & das Huayana-Projekt, bei dessen Eröffnung einige Vertreter der KNU anwesend waren.
Beispielsweise unterzeichneten der KNU Prädsident Pada Saw Kwe Htoo Win und der ehemalige Leites des Verteidigungsministeriums Saw Rogher Khin Verträge im Namen des KNU-Finanzkomitees im Rahmen des Huayana-Projekts. Auch U Aye Lwin unterschrieb als Managing Director der Troth Star Company einen Pachtvertrag. Er ist mit der Schwester des ehemaligen, Junta-nahen KNU-Präsidenten General Saw Mutu Say verheiratet und wurde am 20. Februar 2023 zum Brigadegeneral befördert. Nerdah Bo Mya, der oligarchische Kriegsverbrecher und Anführer der KTLA, war ebenfalls an einem New City Project im Gebiet der siebten Brigade beteiligt, das nach Kritik abgeblaßen wurde. Er war es dann auch, der Shwe Kokko angriff.
KK Park ist jedoch, was in dem medialen Melting Pot aus Kasinos, Online-Glücksspiel und Internetbetrügereien verloren geht, nicht das Huanya-Projekt oder Shwe Kokko, doch beides ist China View. Daher ist es egal.
Es gibt viele bekannte Betrugszonen und noch mehr unbekannte sowie ein Mosaik aus Rebellengruppen, BGFs und deren Splittergruppen, sodass am Ende jeder am Sicherheitsgeschäft verdient.
Sicherheitsgeschäft? Das klingt nach privatem Sicherheitsdienst. Teils auf Blockchain operierende New City Projects? Das erinnert an anarchokapitalistische beziehungsweise libertäre Freie Bitcoin Städte S ü d a m e r i k a s (*sniff*), wenn nicht an die Smart Cities der Liberalen um die Friedrich Naumann Stiftung.

Die Bilder des Sicherheitsdienstes Shwe Kokkos, wie sie stramm in Reihe aufgesellt den Arm nach vorne strecken und so tun als würden sie ein Gewehr halten, erinnert an die organisierte Gewalt des Staates oder seiner Zerfallsprodukte: der Rackets und Warlords in den ethnischen Gebieten.
Dies führt auf die zentrale Aporie des Anarchokapitalismus. Sie bekämpfen den Staat mit dem Kapital ohne die wechselseitige Bedingtheit derselbigen zu begreifen15. Sie schaffen den Staat, Steuern, Raub, ab und lassen Kapital, Wert und dessen rechtliche Form, den Vertrag, bestehen. Doch wer, wenn nicht der Staat, garantiert die Rechtsverhältnisse? In der idealen Welt Hermann Hoppes private Sicherheitsdienstleister, also: organisierte Gewalt. Doch ist der Staat etwas anderes als organisierte Gewalt16?

Und sind Libertäre etwas anderes als organisierte Kriminelle & vice versa: sind nicht Mafiosi praktisch-kritische Libertäre? Sie beugen sich nicht dem Gesetz und laden das Kokain in die Container. Gegen Dollar. So schafft der Staat über Regulationen, wie die Prohibition, Monopole für die skrupellosesten Unternehmer oder Entrepreneurs, meint das Mises Institut. Wie dem auch sei: das Geld muss gewaschen werden. El Salvador, Kolumbien & Co. sind pleite. Das Resultat sind Free Bitcoin Cities. Was ist der Unterschied zu den Special Zones & Parks um Myawaddy? Sie sind realer. Hier herrscht auch neben den Zonen Guerrillakrieg. Die staatliche Ordnung ist zusammengebrochen und auf Hilfsmilizen angewiesen. Es ist der ideale Spieplatz libertärer Ideen und ihrer Konsequenzen.
Nördlich von Myawaddy liegt beispielsweise Shwe Kokko (Vgl. China View Panorama oben) und Gate 25.

Gate 25
Gate 25 Panorama

Südlich (in der Reihenfolge) Xinghua, der Family Park, Huanya, KK I, KK II (Dong Feng) und die Dongmei Zone. Auch bekannt als The Saixigang Industrial Zone Project. Es ließen sich weitere Projekte aufführen. Im Norden regiert Saw Chit Thu (BGF) unter Beihilfe Twin Wins (BGF) bis Huanya und KK Park. Südlich von Myawaddys Township (Vgl. Dongmei Zone) Mote Thun (BGF), der als Mitglied der BGF auch an KK Park beteiligt ist. Von Wat Chong Khaep erstreckt sich das Reich Sai Kyaw Hlas der DKBA bis Waw Lay, doch ist auch er an augenscheinlich zentraler gelegenen Projekten in Myawaddy Stadt beteiligt.
Die brutalsten Sicherheitsteams und unmenschlichsten Arbeitsbedingungen finden sich wohl südlich von Myawaddy: im Gebiet der sechsten Brigade der KNLA.
Laut einer Frau aus Singapur, die bei einem Thai-Amerikaner in Mae Sot unterkam, stellen sich auch oftmals die grausamsten Wachen, was meine Spekulation über die Sicherheitsgeschäftchen bestätigen würde (Vgl. oben & unten), doch Usip relativiert:
„Despite this, of all of the various armed groups in the area, the KNU is the most resilient against involvement in this criminal activity; it maintains a no-tolerance policy with respect to casinos, drugs and other illicit activities.“
(Jason Tower/USIP)
Belegen ließe sich lediglich eine Beziehung von KNU zum Huanya Projekt (Vgl. oben). Alle Hinweise auf den KK Park seien bislang Spekulation.
Es herrscht Krieg und daher ist klar, dass Sven Hansen (taz & Chiffre) nur druckt, was Jason Tower & Bruno Kahl ihm auf den Tisch legen..und ein wenig Druck auf die KNU ist scheinbar auch in ihrem Interesse.

Huanya
KK Park I
KK Park II (Dong Feng) – Bauarbeiten auf Thai-Seite
Dongmei Zone
Waw Lay -„China“ (eine nette Karen-Frau)

Überall nördlich und südlich von Myawayddy zieren Baukräne die Ufer des Moei.
Shwe Kokko und Dongmei sind die ältesten bekannten Projekte. Letztgenanntes wird angeblich von dem Macauer Triadenboss Broken Tooth kontrolliert.
Doch den Komplexen in Vietnam oder Kambodscha wird nicht ein Bruchteil der Aufmerksamkeit geschenkt, wie jenen, die sich im BGF-Gebiet befinden. Auch hier wird instrumentell ein Keil zwischen Saw Chit Thu, die Junta und China getrieben. Eine Karen-Frau am Rande des Grenzflusses meinte nur „China“, als ich fragte, was in dem Gebäude links neben der Brücke in Waw Lay sei. Man fragt sich nur: China View?
Nach Tower & Co. bildete der China View criminal cancer“ (Usip) that is spreading throughout Southeast Asia bereits Metastasen von Waw Lay über den Bezirk Dooplaya bis nach Payathonzu:
„In addition, the DKBA Commander, Lieutenant Sai Kyaw Hla, who is stationed in Ra Ma TeeTown, beside Ghaw Lay Town road, in Kyaw Hkeh area, Kaw T’Ree Township, coordinated the building of casinos. At Thoo Mweh Kloh river[bank], in Kyaw Hkeh area, casinos are popular with Chinese visitors. Due to not having enough space to build more buildings, Saw Eh Htoo,the Company #3 Commander under KNLA Battalion #103, negotiated with the A— village head[to allocate more space to build casinos near Thoo Mweh Kloh river bank].“ (Karen Human Rights Group)

In diesem Sinne war auch das Bild, dass der Krebs metastasierte, eine doppelt falsche Metapher, die auf dem Narrativ Usips aufbaute, dessen Analysten, wenn sie nicht auf China und die BGF verweisen, darüber schwadronieren, wie schwierig es doch sei mit der in die Triadenkriminalität verwickelten Regierung Kambodschas international noch zu kooperieren, während Jon Mayor noch vor 26 Jahren Parteispenden für die Torries von taiwanesischen Heroindealern mit Hongkonger Wurzeln annahm, die im goldenen Dreieck China White & Intelligence bezogen..also zu einer Zeit als die Flugzeuge der von Air America organisierten Heroin-Waffen-Tauschgeschäfte längst im Museum standen. Was der Begriff der United Front indiziert, ist folglich viel eher, dass die CCP begriff, dass der geheimdienstliche Krieg17 – bspw. in Taiwan & Hongkong – innerhalb der Triaden geführt wird. An diesem Punkt meiner Forschung könnte ich Novellen über intelligence wars within triads schreiben, doch eben auch nur Novellen. Beispielsweise über die NDAA-ESS, Zhao Wei & Naw Kham. Während die halbe Welt auf die UWSA zeigte, raubte der Drogendealer Naw Kham die Schiffe des Kasino-Entrepreneurs Zhao Wei aus, der auf Weisung Chinas hin von den Auslandschinesen der NDAA-ESS nach Laos zog und wie Shwe Kokko Prosperität in laotische Gebiete brachte, die dem als Robin Hood dargestellten Gangster & thailändischem intelligence asset Naw Kham Unterschlupf gaben: his execution was televised..nicht jedoch die Revolution.
Eine Reise (12.06.24) in die Golden Triangle Special Economic Zone nach Laos entlarvte Allegra Mendelson & Co. dann auch, was ja zu erwarten war, als Claas Relotius. Seltsamerweise hatten die Sicherheitskräfte der Zone, die laotische Polizei verfügt nur begrenzt über Exekutivrecht, Probleme meinen Pass zu lesen. Ich kam trotzdem rein.
Tigerfelle und andere Produkte des angeblich florierenden „wildlife trade“ fanden sich nicht. Nur ein paar Schnäpse mit Skorpionen und Schlangen, die es so im ganzen Land zu kaufen gibt: Grasovka mal anders.
Das King-Romans Casino war gut besucht und überall in der Zone ziert Lotus-Symbolik18 Wände und Decken. Maseratis ohne Kennzeichen fahren auch außerhalb des Gebiets und tatsächlich arbeiten vor Ort viele Chinesen, doch ebenso Burmesen und Laoten, wenn auch lediglich für 50€ Monatslohn.
Kurz:
Die GTSEZ hat mehr mit Las Vegas gemein als mit Khun Sa.
Die R e a l i t ä t ist eben oftmals polemischer als so mancher Essay. Ich entwickelte meine Disneyland-These in Mae Sot noch anhand China View, doch als ich Wochen später Zhao Wei in Laos besuchte, fanden sich dort r e a l e Freizeithemenparks (wie Disneyland):

Gegenüber des King Romans Casino: Disneyland
Das King Romans Casino

Kleinere bis mittelgroße Internetscamzellen finden sich auch überall in Thailand. Die Ökonomie Myanmars war lange Zeit völlig auf Opium aufgebaut. Die Metapher, dass ein nicht weiter spezifizierter krimineller Krebs sich nun erst ausbreitet und metastasiert, ist folglich eher als Untertreibung zu werten, die jedoch gerade dadurch versucht einen Skandaleffekt hervorzurufen, wohingegen die Kriminalität am besten mit „business as usual“ zu beschreiben wäre.
Die Krebsmetapher hingegen dient auch nicht gerade zum besseren Verständnis der Situation oder einer Philosophie, wie Freuds Nussschale im Meer, sondern ist blanke Demagogie und wäre mit Leo Löwenthals – Falsche Propheten: Studien zur faschistischen Agitation zu analysieren. Krebs, eine tödliche und schmerzhafte Krankheit, breitet sich rasch aus und fordert drastische Maßnahmen, wenn der Patient nicht sterben soll. Die Kriminellen werden mit der Krankheit identifiziert und somit dehumanisiert, schnelle Interventionen, wenn nicht gar Gefechte, werden gefordert, während sich die Ursache dieser Symptome nur noch elektroenzephalographisch lesen lassen.
80 Jahre Oszillation zwischen Bürger- und Stellvertrerkrieg, die Jahrzehnte der Opiumökonomie, all dies zu ändern ist aktuell nicht Anliegen des United States Institute of Peace. Welch orwellscher Name..
Und auch „on the ground“ ist es komplex. Soll man die KNU entlang der Brigaden spalten (5 vs. 7)? Die KNU ist offiziell noch nicht aus dem NCA ausgestiegen und es gibt diverse Interessensgruppen, „Rackets“ (Horkheimer), die im Krieg Verluste einfahren. Doch warum liegt KK Park auf dem Gebiet der sechsten Brigade, also jener, die Myawaddy angriff? Warum benannte sich Saw Chit Tchus BGF in KNA um und zurück? Was lief und läuft da genau zwischen BGF (DKBA & KPF etc.), KNU PC, DKBA, KTLA & KNU bzw. KNLA? Wer gibt wem wann Sicherheit (Wachen oder Feuerpausen) und wer verdient? Nicht nur die Junta. So viel ist sicher. Die sechste Brigade hatte ihre zwei Minuten Online-Ruhm und dann wehte die burmesische Flagge wieder in Myawaddy. Der Rubel rollt. Wieder. Man darf annehmen:
Auch für KTLA, KNLA & KNU und wohl nicht nur für die siebte Brigade. Wie früher in den Shan-Bergen Opium als allgemeines Äquivalent gegen Waffen getauscht wurde, so schafft die Anomie des Krieges sich selbst notwendig machende Sicherheitsdienstleistungen: und sei es bloß eine Feuerpause.
Man darf also annehmen:
Es gibt keine gute Brigade. Die Rackets sitzen überall. In situ. Sie pflegen lediglich für sich kriminelle und regional differierende Partikularinteressen. In den Jahren des NCAs, in welches sie von ausländischen „interessierten Dritten“ (Carl Schmitt: Theorie des Partisanen) gedrängt wurden, wurde akkumuliert. Es entwickelte sich ein Finanzierungsnexus zwischen DKBA, KNLA und BGF, in dem jeder seine Aufgabe hat. Auch in Zeiten des Krieges. Der eine baut Druck auf, der andere hält die Hand auf. Ab und an kracht es zwischen den Rackets, wie zwischen DKBA und ehemaliger KPF in Payathonzu, doch ihr Wappen ist der Handschlag: Brothers in Crime.
Denn wie schrieb selbst die sogenannte „Karen Human Rights Group“:
„Due to not having enough space to build more buildings, Saw Eh Htoo,the Company #3 Commander under KNLA Battalion #103, negotiated with the A— village head[to allocate more space to build casinos near Thoo Mweh Kloh river bank].“
Roger Khin arbeitet mit der DKBA & BGF (bspw. in Huanya), die siebte Brigade mit Saw Chit Thu, Nerdah Bo Mya plante ein eigenes Smart City Project, die sechste Brigade bietet Schutz und auch in Dooploya zeigt sich dasselbe Bild.
Es ist an dieser Stelle nur noch müßig einzelne Rackets, Brigaden und Strukturen herauszuarbeiten:
KNU is scammiNU.
Da ist mehr Krebs als gesundes Gewebe.
Wir sind im finalen Verwesungszustand angelangt.
Da explodiert in Payathonzu auch schon einmal ne Bombe. Wie in Mexiko, oder noch schlimmer: Los Angeles.
Nun heißt es:
Der Karen-„Godfather“ Saw Chit Thu balancierte zwischen Tatmadaw, die sich Druck aus China ausgesetzt sahen etwas gegen die Triaden zu unternehmen, aber Myawaddy ohne BGF verlieren würden, und KNLA, und gewann seinem Business-Empire ein wenig Zeit. In 4 Monaten sollen alle Ausländer Shwe Kokko verlassen haben. Dies impliziert: Auch die Triaden.
Doch ist es nicht viel komplizierter? In dieser Melange aus Kasinos, Online-Glücksspiel und Internetbetrügereien?
„At least 17 casinos in Myawaddy have Thai business partners. Myawaddy Complex, for one, is owned by a former police major general who has a close connection with the government, he said. Another casino called Sky Complex is owned by a former police sub-lieutenant, while the Eastern Complex casino is owned by a gang of scammers, he said. One more casino is owned by a former permanent secretary for defence, according to Mr Rangsiman.“

Der Besitzer des Sky-Komplexes ist thailändischer Polizist
Norden Mywaddys
Süden Mywaddys
Weiter hinten: neue Apartmentkomplexe – angeblich für Betrügerbanden.

Auch Strom, Internet und Telefonsignal werden von Thailand bereitgestellt. Unter anderem für die Betrügerbanden. Es gibt illegale und legale Antennen, Funktürme, und Stromverteiler, die gegenwärtig mal wieder gekappt werden (Stand: 9. Juni 2024). Lokale Politiker, Polizisten und Militärs im Grenzgebiet halten mit entsprechenden thailändischen Unternehmern, jenen, die beispielsweise den Kontakt zur Provincial Electricity Authority vermittelten, die Hand auf. Doch während früher Opiumkaravanen durch die Chiang Rai Provinz zogen, so fand sich heuzutage lediglich ein Büro mit Zimmerpflanzen und thailändischer Sekretärin, als ich die „Mafia“ (Usip) aus Sihanoukville in Mae Sot besuchten, um Büroflächen für Berlin Apartments LLC 19anzumieten:

China View der Trans-Asia Company International Holding Group (Thailand) Co., Ltd., Partner der DKBA & Roger Khins (KNU), u.a. an der Taichang Zone (aka Ko Sai Casino oder Kyauk Khat Casino) beteiligt
Trans-Asia Company International Holding Group (Thailand) Co., Ltd.
Soll die Windung des Flußes an Shwe Kokko gemahnen?
Aussie-Panorama der Trans-Asia Company International Holding Group (Thailand) Co., Ltd.
Inside Trans-Asia Company International Holding Group (Thailand) Co., Ltd.
Inside China View

China View ist real, Thai View nicht, und doch könnte China View auch Thai20 oder KNU View heißen. Das Spektakel und die gesellschaftliche Tätigkeit sind nach Debord ineinander. „Ins Spektakel tritt die Wirklichkeit ein, und das Spektakel ist wirklich.“ (Debord) Die Story, das Spektakel, wird produziert, doch der Krieg wird nicht abgebildet, sondern durch die Information erst produziert, hochgeschrieben und eskaliert. Das Spektakel ist so wirklich, dass es der Wirklichkeit kaum noch bedarf.
Es wird als Simulakrum21 die Karte des Hyperrealen:
China View.
Auf ein Tässle22 Kaffee23?

Eine Tasse Tee und eine Tasse Kaffee (von links)
  1. „Das Spektakel und die wirkliche gesellschaftliche Tätigkeit lassen sich nicht abstrakt einander entgegensetzen; diese Verdoppelung ist selbst doppelt. Das Spektakel, das das Wirkliche verkehrt, wird wirklich erzeugt. Zugleich wird die erlebte Wirklichkeit durch die Kontemplation des Spektakels materiell überschwemmt und nimmt in sich selbst die spektakuläre Ordnung wieder auf, indem sie ihr eine positive Zustimmung gibt. Die objektive Realität ist auf beiden Seiten vorhanden. Jeder so festgesetzte Begriff gründet sich nur auf seinen Übergang in die Gegenseite. Ins Spektakel tritt die Wirklichkeit ein, und das Spektakel ist wirklich. Diese gegenseitige Entfremdung ist das Wesen und die Stütze der bestehenden Gesellschaft.“
    (Guy Debord: Die Gesellschaft des Spektakels) ↩︎
  2. Deleuze sprach gar (in Anlehnung an Foucault) von der „Kontrollgesellschaft“. ↩︎
  3. Die KNLA wird bald von Myawaddy aus von hinten attackiert – KNA’s Kooperation mit der Junta sei Dank -, während die burmesischen Truppen von vorne anrollen. ↩︎
  4. Kurzzeitig war er wohl geschlossen. ↩︎
  5. Die Videos lassen sich heute (30. Mai) mit den entsprechenden Stichwörtern nicht einmal mehr schnell über die Twittersuche finden. Alte und neue Ereignisse überschwemmten den Fall of Myawaddy binnen weniger Wochen, doch an 4/20 präsentierten die Algorithmen und Joint Research Groups nichts anderes. ↩︎
  6. Ja, wahrscheinlich wollte er die Operationen der PDF-Mitglieder des Bamboo Houses nicht stören, die Medizin und Verpflegung zu den Flüchtlingen jenseits der Grenzen tragen, doch viele befinden sich ein gutes Stück südlich von Myawaddy am Rande des Moeis. Die genaue Lokation verschweige ich an dieser Stelle aus forschungsethischen Überlegungen. ↩︎
  7. „Wenn die objektive gesellschaftliche Tendenz in diesem Weltalter sich in den subjektiven dunklen Absichten der Generaldirektoren inkarniert, so sind es originär die der mächtigsten Sektoren der Industrie, Stahl, Petroleum, Elektrizität, Chemie. Die Kulturmonopole sind mit ihnen verglichen schwach und abhängig. Sie müssen sich sputen, es den wahren Machthabern recht zu machen, damit ihre Sphäre in der Massengesellschaft, deren spezifischer Warentypus ohnehin noch zuviel mitgemütlichem Liberalismus und jüdischen Intellektuellen zu tun hat, nicht einer Folge von Säuberungsaktionen unterworfen wird.“ (Adorno/Horkheimer: Kulturindustrie – Aufklärung als Massenbetrug) ↩︎
  8. „Es wird in einem Satze der Art mit dem Worte: Gott angefangen. Dies für sich ist ein sinnloser Laut, ein bloßer Name; erst das Prädikat sagt, was er ist“ (Hegel), doch die Chin-Kuki-Mizo, an sich eine koloniale Kategorie, verstehen sich [für sich] wortwörtlich nicht, da sie mithin völlig unterschiedliche Sprachen sprechen und sich von Bangladesch über Rakhine- und Chin-Staat bis nach Mizoram und Manipur verteilen. Die Paite bekämpfen die Thadou, die Mara wollen nicht mit der Chin National Army. Es gibt keinen Einschluss ohne Ausschluss, so wie es keinen Einschluss mit so vielen eingeschlossenen Ausschlüssen gibt: Die Chin-Kuki-Mizo sind folglich für sich, was (besser: „wie“) sie an sich bereits waren: an-und-für-sich eine koloniale Kategorie Für-Etwas-Anderes. Man könnte sagen: für den britischen Strategen.
    Vgl.: Tribes, States und nationale Ursprungsmythen.
    Alle Karten über den Stellvertreterkrieg sind hyperreal, doch jene, die Gebiete als „Chin-Resistance“ schattieren, sind nur noch surreal. ↩︎
  9. Wiewohl jene von diversen westlichen Botschaften finanziert werden und Berichte wie „Gambling away our lands“ schreiben. ↩︎
  10. Sie ist weniger: keine Dialektik. Ursache & Wirkung, Subjekt & Objekt, all das gibt es in der Logik der Simulation nicht mehr. Sie zirkuliert in sich selbst – Wer ist der reale Americano? ↩︎
  11. Natürlich ist mir völlg klar, dass Baudrillard ein schwacher Ideologiekritiker war. Ideologie ist notwendig falsches Bewusstsein (Vgl. Der Fetischcharakter der Ware und sein Geheimnis), wenn nicht indes bloße Widerspiegelung der somit naturalisierten Realität. Niemals ist Ideologie lediglich eine falsche Repräsentation der Realität. Ideologie sagt: was ist, soll sein. Was ist, ist wahr. Ideologie benötigt heutzutage nicht mehr zwingend eine moralische Rechtfertigung, wie noch zu Zeiten von Adam Smith. Es genügt der Verweis auf Sachzwänge (bspw. während der diversen Wirtschaftskrisen der vergangenen Jahrzehnte). ↩︎
  12. „Das China View Café funktioniert ähnlich [wie Disneyland] und schafft eine hyperreale Simulation der Propaganda rund um Shwe Kokko. Durch die Nachbildung chinesischer Symbole auf karikaturhafte Weise etabliert das Café eine „imaginäre Station“, die in konstruierte anti-chinesische Stimmungen mündet. Diese Miniaturwelt, mit ihrer „kindlichen Degeneration“, überzeugt die Besucher davon, dass sie sich mit einer Kritik des chinesischen Einflusses befassen, während sie an einer verzerrten Erzählung teilnehmen.
    […]
    Das Hauptmerkmal des China View Café sind die Miniaturnachbildungen chinesischer Bauwerke wie der Großen Mauer, die[…]als satirische Verspottung des chinesischen Einflusses dienen. Dieser Aspekt entspricht dem Wesen von Disneyland, in dem das Imaginäre als real dargestellt wird, wodurch eine hyperreale Erfahrung geschaffen wird, die die Komplexität der geopolitischen Realitäten verzerrt. Er spiegelt die Tendenz der Kulturindustrie wider, komplexe kulturelle Narrative für den Massenkonsum zu kommerzialisieren und zu vereinfachen, was eine passive Akzeptanz des antichinesischen Narrativs begünstigt.“
    (Chat-GPT nach meinen Eingebungen – wurde Baudrillard simuliert? Nicht nur stilistisch fragwürdig.) ↩︎
  13. „Usip“ ist in dieser Konstellation eine Chiffre für all die Think Tanks, Graßwurzelorganisationen, Zeitungen, Zeitschriften und Blogs, die von der britischen & amerikanischen (australischen et cetera.: sagen wir Nato) Botschaft finanziert werden. ↩︎
  14. Vgl. Topologie:
    „Das Nebenprodukt der Warenzirkulation, die als Konsum betrachtete menschliche Zirkulation, d.h. der Tourismus, läßt sich im wesentlichen auf die Muße zurückführen, das zu besichtigen, was banal geworden ist. Die wirtschaftliche Erschließung des Besuchs verschiedener Orte ist bereits von selbst die Garantie ihrer Äquivalenz. Dieselbe Modernisierung, die der Reise die Zeit entzogen hat, hat ihr auch die Realität des Raums entzogen.“
    (Guy Debord: Die Gesellschaft des Spektakels)
    ↩︎
  15. Der Bolschewismus hingegen bekämpfte das Kapital mit dem Staat und terminierte im staatskapitalistischen Bürokratiemonster, da er das Biest lediglich verstaatlichte.
    Die Tendenz komplexer Ökonomien zur orientalischen Despotie und Bürokratisierung ist der aufzuhebende Widerspruch einer anarchokommunistischen Revolution, die nicht primitiv Farmer-Kommunen gründen möchte: Prost! ↩︎
  16. Das ist die Aporie des Anarchokapitalismus. ↩︎
  17. Wenn nicht gar der Kampf um kulturelle Hegemonie. ↩︎
  18. In China wird der Weiße Lotus, gleich den Hongmen, mit den Triaden assoziiert und tatsächlich entwickelten sich jene wiederum aus Ming-loyalistischen Geheimbünden, die der Sekte des Weißen Lotus anhingen und deren Organisationsstrukturen einige Gemeinsamkeiten mit den Freimaurern aufwiesen, doch bedeutet das nicht, dass alle Anhänger des Weißen Lotus, einigen synkretistischen Variationen eher populärerer Strömungen (Vgl. Pure Land) des Mahāyāna-Buddhismus (Vgl. Maitreya Messianismus), Daoismus & chinesischen Manichäismus, Mafiosi wären & vice versa. Kriminelle sind in der Regel weder Intellektuelle noch Mönche, obwohl es bei dem ganzen Austausch mit dem Westen sicherlich einige bad apples in der China Zhi Gong Party gibt.
    Nebst einiger messianischer Bauernaufstände & der Geschichte der ebenfalls ehemals Ming-loyalistischen Han-Kokang-Chinesen wäre noch auf die Grenzziehung Yunnans und die Lahu beziehungsweise die „Big Vehicle Religion“ zu verweisen. ↩︎
  19. „Hallo, mein Name ist Paul Gensler und ich helfe im Moment Waisenkindern in Gaza. Daher kann ich leider nicht persönlich zur Wohnungsübergabe nach Berlin kommen. Anbei findest du ein detalliertes Video der Wohnung. Nach Erhalt der Kaution & der ersten Miete sende ich dir den Schlüssel per Post.
    Bitte überweise 1620€ an HU42117730161111101800000000…“ ↩︎
  20. Nein: wirklich. Its real. So meinte der Bauarbeiter von China View und Maler der chinesischen Mauer, auch Alkoholiker, dass China View einem Polizisten gehören würde. Später, also nachdem ich mit dem Barrista sprach, der angab selbst der Eigentümer zu sein, wusste er nicht mehr, worauf ich hinauswollte: „Was, du willst die Polizei rufen?“ Ja, er wollte mich gar nicht mehr verstehen und schaute immer wieder nervös hinter mich, wo eine thailändische Frau mit Smartphone saß.
    Was ist nun real? Selbst im Falle von China View ist das nicht völlig klar. ↩︎
  21. „Im gesamten (abendländischen) Glauben hat man gewettet, dass Zeichen stets nur auf die Tiefe eines Sinns verweisen und sich gegen den Sinn austauschen lassen – wobei jemand als Bürge in diesem Tausch auftritt – natürlich GOTT. Doch wie, wenn sich GOTT selbst auf Zeichen reduzieren ließe? Wie, wenn man in der Lage wäre, IHN zu simulieren? Dann gleitet das ganze System in Schwerelosigkeit hinab und wir selbst nur noch ein gigantisches Simulakrum – nicht irreal, sondern ein Simulakrum, d.h. dass es sich niemal gegen das Reale austauschen läßt, sondern nur in sich selbst zirkuliert, und zwar in einem ununterbrochenen Kreislauf ohne Referenz (référence) und Umfang (circonférence).“
    (Baudrillard) ↩︎
  22. Jargon des Michael Blume, Beauftragter der baden-württembergischen Landesregierung gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben ↩︎
  23. Ist es nun ein Americano oder ein Tässle Kaffee?
    Die technischen Parameter, die vom Nationalen Institut für Espresso in Italien für die Herstellung eines „zertifizierten italienischen Espresso“ festgelegt wurden, lauten wie folgt:
    Erforderlicher Anteil an gemahlenem Kaffee 7 g ± 0,5
    Austrittstemperatur des Wassers aus dem Gerät 88°C ± 2°C
    Temperatur in der Tasse 67°C ± 3°C
    Eingangsdruck des Wassers 9 bar ± 1
    Perkolationszeit 25 ± 5 Sekunden
    Viskosität bei 45°C > 1,5 mPa s
    Gesamtfett > 2 mg/ml
    Koffein < 100 mg/Tasse
    Volumen in der Tasse (einschließlich Crema) 25 ml ± 2,5
    Der Americano besteht aus einem einzigen Schuss Espresso, der mit Wasser gemischt wird, wiewohl jenes auch oftmals aus der Siebträgermaschine entsprechend vermehrt beigesteuert werden kann. In der Regel wird der Espresso mit etwa 120 Milliliter bis 180 Milliliter heißem Wasser gestreckt, um einem schäbigen amerikanischen Filterkaffee zu gleichen, wie ihn der somit als bodenständig dargestellte Charakter Leroy Jethro Gibbs in Navy CIS stets zu trinken pflegt.
    Was konsumieren wir? Einen Americano oder ein Tässle Kaffee? Was ist dieses mehr des Americano? Ein „sehr vertracktes Ding[…], voll metaphysischer Spitzfindigkeit und theologischer Mucken“ (Marx)? Was ist diese „invicible trancendence“ (Žižek) des Americano? What is the real? Und wer ist der Typ mit Leo-Dose und „recessed chin“ auf der anderen Straßenseite? Ein Americano?

    ↩︎

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